Reeserplatz Text 1 Umbauvorschlag für das Denkmal am Reeserplatz in Düsseldorf
Der Platz ist zentriert auf das innere, vergitterte Tor, auf das metallene Kreuz.
Diese Zentrierung könnte bleiben, wenn es gelingt, das Kreuz in eine Freiheit eröffnende Lichtquelle zu verwandeln. Das Symbol zweier auffliegender Vögel ließe sich daraus entwickeln.
Die Kreuzform an sich wird oft als Erlösungssymbol benutzt und ist ein Zeichen unserer senkrechten Kräfte, Verbindungen und unserer horizontalen Kräfte.
Die Senkrechte symbolisiert die Verbindung des Erdinneren mit den Weiten des Weltraumes, die Waagerechte die Entfaltung des Lebens des, der Erdanziehungskraft unterworfenen, Horizonte erfahrenden Wesens. Die Mitte symbolisiert die Beziehung des Lebens zu sich selbst und dem Ganzen, nach außen nach Innen, Geben und Nehmen. Ebenso bilden die ausgebreiteten Arme ein freudvolles, bergendes Willkommen, ein dankendes Empfangen so wie ein erhebendes Aufrichten. Ins Zentrum sollte ein großes Prisma, das das Licht wiedergibt und bricht, um es in regenbogenartigen Brücken über den Platz zu werfen. Auf dem Sockel solle ein Trinkwasserbrunnen sein, der sich in einen gießenden Wasserkrug ergießt, um weiter zu fließen in eine dritte Schale, die sich in einen kleine See ergießt, der halb rund vor diesem Tor liegt. Die Gitterstäbe sollten wie ein Tor nach beiden Seiten mit ersichtlichen Klinken zu öffnen sein. Außerdem sollten sie durchbrochen werden von Öffnungsräumen verschiedener Größe, so dass sie Halt wie Stangen, wie Geländer bieten könnten, Schutz wie Treppengitter und aber auch geöffnet werden können in Freiraum. Die Vögel in der Mitte hingen frei. Ein Stab auf jeder Seite könnte von blühenden Ranken bewachsen sein.
In die Mauer sollten hohe und niedrige, verschieden große und geformte und zweck gebundene Fenster eingebaut und aufgemalt werden. Die Fenster sollten mit und ohne Glas sein, auch Schiffsfenster und Kirchenfenster. Unbedingt sollten sie auch in Kinderhöhe angebracht sein, sowie ein Fenster, das der Situation eines Paares angepasst ist und der Situation einer Mutter oder Vater mit Baby auf dem Arm. Auch sollten Fenster an Stangen angebracht sein, die über die Mauer hängen wie Fahnen (auf Halbmast und Mast) und mobile-artig im Wind spielen. Das Wort „Du“ und das Wort „Ich“ sollte in die Mauer eingeritzt werden, sowie der Satz, „ICH WILL ES WAGEN, ZU LIEBEN“, so dass diese Worte aussähen, als zersetzten sie die Steine der Mauer und schafften Durchbrüche, als fräßen sie sich durch die Mauer. Ein großer Kelch stünde vor der Mauer, der mit Worten und Buchstaben gefüllt wäre. Die Besucher könnten diese selber durch ein Fenster reichen. Auf der anderen Seite lägen sie dann wie Mosaiksteine, aus denen sich im Laufe der Zeit ein Weg baute. Worte öffnen Mauern und bauen Wege, das wäre auf diese Weise visuell erfahrbar. Am Anfang war das Wort, wir sprechen, schreiben, schreiben es in Mauern, bekennen, schenken, teilen mit, eine schöne Darstellung der eigenen Lebensgestaltungs- und Wahlmöglichkeit. Ebenso zeigt es uns, dass wir selbst Mauern setzen, mit Worten geizen, unsere Härte leben, Angst verherrlichen und Mauern auftürmen. Auch unsere eigene Geschichte, die Geschichte eines Landes, sollten wir nicht zur Mauer machen, sondern die Steinbrocken in Verbindungsbrücken umbauen.
Die seitlich hinausweisenden Stufen sollten mit Horizonten verschiedener Ebenen bemalt werden. Die jeweils drei Treppenstufen, die drei Weisen der Existenz, drei Seins-Möglichkeiten, zum Beispiel Körper, Geist, Seele, symbolisieren. Das Licht, das Wasser, das Leben würde so symbolisch vom Menschen in seinen Möglichkeiten hinaus in die Welt getragen, ins Leben und nicht in den Tod, lebensbringend, nicht den Tod bringend. Vier Soldaten gehen nebeneinander, diese sollten umgestaltet werden in ein Kind, einen jugendlichen Menschen, in einen Erwachsenen und in einen alten Menschen. Auf der ersten Stufe von rechts nach links auf der 2. Stufe von links nach rechts. Die Gewehre sollten umgestaltet werden in Fackeln, in Kerzenlichter. Die Hände sollten zu Wellen werden durch Bemalung, am Gürtel sollten Blumentöpfe angebracht sein, die Uniform sollte beschrieben sein mit lauter Sprüchen weiser Denker, mit philosophischen Zitaten, ebenso mit humoristischen Sprüchen. Die Gesichter sollten mit allen möglichen Hautfarben bemalt werden, die Helme sollten zu Nistkästen umfunktioniert werden, das wäre sehr doppeldeutig, der Vogel im Kopf, als Schutzmöglichkeit, als Weg zu fliegen in die Weiten eines Himmels, als humoristisches Wahrnehmen der Einsamkeit durch Einmaligkeit.
Die ineinandergreifenden Hände sollten mit Notenlinien den Weg des Austausches der Kommunikation und der einen Weltsprache, die die Musik ist, darstellen. Gegen über der Mauer sollten Schienen, alte, ausgediente Schienen zu Leitern nach rechts und links zur Mauer hoch gebogen werden und über sie hinaus weisen. Eine Kinderstatue mit Koffer soll am unteren Ende dieser Schienen auf dem Platz stehen. Es wäre wünschenswert, dass der Eindruck der Öffnung der Mauer nach oben und gleichzeitig der Eindruck einer riesigen Vase entsteht, bereit die Blumen des Himmels zu empfangen.
Vor die Soldaten flöße nach rechts und links in einer Rinne ein Rinnsal aus dem Brunnen in der Mitte. Das Wasser färbt sich rot, sobald es an es an den Soldaten vorbei fließt und tropft auf eine Betonplatte mit einer Stahldecke, kalt, hart, tot, sauber. In diese Platte sollten kalt glänzende Steine, wie Diamanten eingearbeitet sein, sowie Münzen und Orden, die all unsere vor den Menschen, das Menschliche gesetzten Werte, die wir vergöttern, symbolisieren. Ein goldenes Kalb stände in der Mitte der Platte und an dem Kalb hingen erschöpft Barbie und Barbie-Ken.
Holzkreuze sollten vor diesen 2m X 1m großen Stahlplatten, (die, die Größe eines Sarges haben) stehen. Die Inschriften sollten aus dem Aufschluchzen und den letzten Worten der Sterbenden bestehen (mit dem Schrei nach der Mutter): MAMA! PAPA! LIEB MICH! SPRICH MIT MIR! SPRICH NUR EIN WORT! SIEH MICH AN! ERHÖRE MICH! ICH WILL ATMEN! ICH WILL NICHT STERBEN! ICH KANN NICHT ATMEN! ICH WILL LEBEN! ICH WILL ATMEN! HILF MIR! RETTE MICH! MAMA! ICH KANN NICHT ATMEN. Diese kleinen Holzkreuze mit Tafeln und Holztafeln erinnern uns an das Gemeinsame des menschlichen Seins und Zustandes. Dadurch wird uns der Irrsinn bewusst werden, dass wir oft bereit sind, uns zu entscheiden, das Menschliche zu misshandeln, zu missbrauchen, zu töten, zu begraben.
Über und um die Mauern herum wären Treppen, bewachsene Wendeltreppen, die hinauf ins Freie, in unbekannte Höhen, in den Himmel ragen würden. Beides legte unsere eigene Entscheidungsmöglichkeit offen; in welche Richtung wollen wir? Auf bekannte, vertraute kriegerische, leidvolle Wege oder ins Unbekannte, Zu-Wenig-Erforschte, ins Gewagte, in unsere Hoffnung. Auch hier sollten Spiegel und Fenster angebracht sein, sowie Vorhänge aus Spitze, als sanft schmückende Schleier. Diese sollen eine Anregung bieten, die Frage nach uns selbst zu stellen: wer sind wir?, wo wollen wir hin?, was ersehnen wir? Was oder wer spiegelt uns und auf welche Weise?, was sind Spiegelungen und was Aussichten?
Vielleicht ließe sich so verstehen, wie trügerisch der vorgesagte, bekannte Weg der Gewalt, der angeblichen Sicherheit ist, der nicht hinter fragbare Anerkennung vorgaukelt.
Eine seitlich über die Mauer waagerecht gelegte Schiene, die zur Brücke gebogen ist und von Pfählen, wie sie im Meer stehen, hinauf getragen wird, sollte einen Treppenausgang zum Spielplatz haben. Als Symbol soll dies ausdrücken: werdet in diesem Sinne wieder wie die Kinder, dass ihr offen aufschaut; ein Aufruf zur unvoreingenommenen Wahrnehmung. Die Bereitschaft, die Augen zu öffnen und klein, verwundbar, abhängig, unserer Unzulänglichkeit und unserer Unwissenheit bewusst, dennoch ins Unbekannte zu leben wagen, bereit sein zu lernen. Das Alte, die Eltern, die Geschichte anzunehmen versuchen, versuchen zu lieben, versuchen zu verstehen, zu vergeben. Und den Wunsch erhalten, der Erde treu zu sein, über uns hinaus zu wachsen, weiterzugehen aus allem Leid etwas Neues, Weitergeführtes, mehr Liebesfähiges sich entwickeln zu lassen.
Um die Fenster und Spiegel, die mobile-artig auch um die Mauer schwingen, sollten Pflanzen ranken und durch sie hindurchwachsen, die Natur auf der Seite des Menschen. Eine leise Musik, eine kleine Melodie sollte aus Lautsprechern ertönen, die die Vögel erfreut, sodass sie mitsingen. Abends sollten Scheinwerfer in allen Farben über dieses schlichte Denkmal gleiten. Nur über den Stahlplatten sollte ab und zu Blaulicht oder sehr helles, kaltes Krankenhauslicht aufblinken..
Zwei 1-Meter-breite Beete, die aus roher, gepflügter, aufgeworfener Ackererde bestehen, die drei Furchen bilden, sollten zwei aufeinander zulaufende Diagonalen auf dem Platz bilden. Von den Platten tröpfelt sowohl rotgefärbtes Wasser, als auch klares Wasser, abgezweigt aus den Springbrunnen.
Verschieden große und kleine Stehpulte sollten auf dem Platz verteilt sein, wo auf wasserfestes Papier mit wasserfestem Stift geschrieben werden kann. Ein Tisch für Blinde, sowie ein Tisch, an dem ein Korb voller Symbole, Zeichen für Worte und Begriffe für Menschen, die nicht schreiben können, soll dort stehen.
Ebenso ein tiefer Tisch mit Symbolen, mit flachen Bilderklötzen für kleine Kinder. Auch symbolisieren diese Tische, dass es keine Rolle spielt, was ein Mensch schon kann oder noch nicht kann, welche Fähigkeiten er besitzt oder nicht, welche Größe, welches Alter er hat. Alle sind gleichwertige Menschen und haben ihr wertvolles Empfinden und haben etwas auszudrücken und mitzuteilen und zu hoffen. Hier können sie ihre Hoffnungen und Sehnsüchte, Wünsche, Fragen, Sorgen aufschreiben, auch das, was sie von sich selbst wünschen, erhoffen, was sie sich vornehmen, in dieses Leben, diese Gesellschaft, hineingeben, leben zu wollen. Vielleicht entstünde daraus Weiterführendes, Inspirationen und eine andere Geschichte des Menschen, die es auch gibt.
Drei Stufen sollten rechts und links am Ende des Platzes gebaut sein, von denen man über den Platz hinaus hin zur Mauer rufen könnte oder Gedichte vorlesen. Auch sollten rechts und links zwei Stufen auf die Mauer zu angebracht werden, auf die man steigen kann. In der Mauer sollte es Eingriffsflächen geben, in die die eigenen Hände hinein passen, wenn man sich mit erhobenen Händen an die Mauer stellt, wie bei einer Gefangennahme. Hier befände sich eine Schrifttafel auf der steht: „Bitte einmal tief durchatmen und dann wieder umdrehen, den eigenen Fuß betrachten, wie er auf der oberen Stufe steht, und zu sich selbst sagen: „Ich hebe meinen Fuß an und ich wage einen Schritt, ich wage mich in ein Ungewisses. Ich bin mutig, ich danke, ich bin mir meines einzigartigen Wertes bewusst, was auch immer geschehe oder gesagt wird oder wie auch immer ich behandelt werde.“
Ein kleiner Pfad sollte um die Mauer herum gehen, auf die man kleine Kiesel legen kann, die am Beginn des Weges zu einem Berg getürmt liegen, so zu sagen Brotkrümel nach Hause in unsere eigenes Sein, Spuren.
An der Rückwand der Mauer sollten Spiegel angebracht sein, in denen man sich selbst in anderen Hautfarben, mit Kleidern anderer Kulturen zurückgespiegelt sehen kann.
Es wäre eine intensive Form des Sich-Annäherns und Vertraut-Machens mit anderen. So viele dieser Spiegel wie möglich wären anzubringen.
Auch könnte es ein Tor in der Mauer geben, in dem man in anderer Hautfarbe beleuchtet und gespiegelt wird. Aus kleinen Lautsprechern hörte man in allen Sprachen beim Verlassen des Durchbruches das Wort: „DU“.
Am Ende des Platzes, dort wo man ihn verlässt, könnte ein Ortsschild stehen mit dem Wort: „WIR“
Über die Mauer sollte ein Flusslauf angelegt werden, der ebenso eine Abzweigung auf den Spielplatz hat, so dass die Kinder an diesem Wasser spielen können.
Ein Symbol dafür, dass Alles weiter fließt in die nächste Generation, in die Hände unserer Kinder.
Eine zweite Mündung sollte in einen Springbrunnen münden auf der Mitte des Platzes, um den Bänke unter Rosenbögen stehen. Auf dem Brunnen sollte das Gedicht, der römische Brunnen (von Conrad Ferdinand Mexer)stehen. Eine kleine Stufe sollte den Brunnen umrahmen mit der Aufschrift lichtwärts.
In der Mitte des Brunnens sollte eine weiße Blume aus weißem Stein stehen, die zum Himmel erblüht ist und einen Stil aus Mann und Frau geformt haben, die ihre Hände erheben, aus denen die Blüte wächst und auf denen sie thront wie eine Perle in der Muschel, wie das Saatkorn auf der Erde.
So wäre es ein Platz des Friedens, des Kraft-Schöpfens, des Zu-Hause-Seins. Er gäbe die Gelegenheit, auf sich selbst zuzugehen. Ein Platz der Weiterentwicklung, der Ehrung unserer Wurzeln und der Ermutigung zum Neuanfang. Ein Platz, sich des Lebens zu besinnen und der Werte, für die es sich zu Leben lohnt. Ein Ort die Menschen zu betrauern und wahrgenommen und geehrt zu haben und ihre Erfahrung weiterzutragen, denen die Chance des Erblühens im eigenen Leben genommen wurde.
Es wäre ein Friedhof in der Trauer und Verbitterung sich in neue Lebenskraft umwandelt.
Es wäre ein Mahnmal uns zu sagen, dass wir alle Menschen sind, achtens und liebenswert
und dass wir ohne ein Du uns nicht selbst finden können. Das Beziehungen das Wasser unserer Seele unserer Lebenskraft und Freude sind.
Es müssten noch Schatten spendende Bäume gepflanzt werden.
Der Platz bräuchte eine gärtnerische Dauerpflege.
Ich würde mich sehr freuen, wenn diese, meine Idee, bedacht werden könnte.
Auch das Wagnis, das Eiserne Kreuz aufzuheben, in der Form zweier auffliegender Vögel, könnte so eine Aufhebung der verhärteten Verzauberung einst gefangener,versteinerte Vögel darstellen. In diesen Vögeln ließe sich jetzt Erlösung finden, so wird es nicht verdrängt, weggeschlossen, sondern erlöst im wahrsten Sinne, erweicht, Es symbolisiert die Befreiung für einen großen Flug in die eigene, menschliche, erblühende, Freiheit erfüllte Bestimmung.
Wir können nicht weiter, wenn wir unsere Geschichte verdrängen, verurteilen, verleugnen, verherrlichen, da wir sie als Ausgangstragendes haben.
Aber wir haben ein Leben lang Zeit, eine neue weiterführende Geschichte von diesem Ausgangspunkt aus zu entwickeln, dafür zu sorgen, dass wir nicht wieder in eine solch unmenschlich leidvolle Handlungsweise kippen, aus Unwissen, Verkrampfungen, aus Angst, aus Geltungssucht und Machtgier. Wir haben die Chance zu sehen und darüber hinaus zu lernen, zu entscheiden, zu verantworten.
Der Boden kann wieder fruchtbarer Acker werden.
Nur das Blut ist wirklich verloren, das nicht die Chance bekommt, Neues wachsen und erblühen zu lassen und Unmenschliches in Menschliches zu verwandeln.
Jedes einzelne Leben ist eine solche Chance in seiner beschränkten Spanne.
Beginnen wir also jetzt, jedem Leben mehr Zeit zu gönnen und ihm Zuwendung und Umsicht zu schenken, es anzuerkennen und zu achten. Seien und werden wir das Gegenüber, das Du, das keinen kurzfristigen Utopien und Religionsdeutungen, versprochenen Sicherheiten, Betäubungen, Glaubenssätzen, Verschwörungen, keinen rassistischen ausgrenzenden, in welcher Weise, auf welcher Ebene, mit welchen Kategorien auch immer, nach läuft. Das Du, das niemanden erneut zum Opfer machen, versklaven will, dass das einmalige Leben nicht zu opfern bereit ist und meint in Hass verfallen zu müssen.
Vielen Dank
Karina Finkenau