wolltest du mich nicht lieben – bevor der Abend kommt

wolltest du du mich nicht rufen – bevor die Stimmen verhallen

auf meiner Haut ruht
ein Hätte-sein-können
zwischen den Tagen streift
warm ein naher Wind
auf meiner Sehnsucht
dein Atemzug flüsternd
in meinen träumenden Körper
Leib eines Menschen
den Kopf gekuschelt
in die kühle Beuge
eines geliehenen Armes
der in meinen Atem wuchs
bis der Morgen kommt

nicht berühren
unter der Haut
wacht Hoffnung
die durchbrechen könnte
und sich in Scherben verliert
die Schnitten nichts vergessend
in Gezeiten die dann schwinden
und keine Brücke mehr die Wege wirft
über aufgewühlte Flüsse

wolltest du das Fenster lieber schließen
den Spalt Licht nicht ergreifen
die Zeit schlägt
ohne Rücksicht auf Schlüssel
fort getrennt kerkernd
wagen wolltest du nicht
lieber vergessen
Das Fort! Fort!
ist jene verdrängte Ferne
aus Ungelebtem gebaut
das Hinsehen vergessen

verlassenes Blühen
zerfällt hinter unseren Herzen
manchmal weht ein kleiner Staub
durch unseren Blick
prallt gegen Fensterscheiben
und wir sagen
du lügst es wäre nicht
es wäre nicht
was denn überhaupt

in den Nächten dann
vielleicht weiße Asche
und nicht Staub
weiße Asche
federleicht
flöge auf weit hinaf
hätten wir leben
nur einmal
nur einmal
Feuer zulassen
Verschmelzendes
ins Leben sterben

wir sahen es wohl
dieses Band des hinüber
in einander übergehen
dies Nahe Haut an Haut,
ein Raum darin verbunden
vielleicht ein hoher Preis
für ach so wenig Stunden
Stille konnten wir einander geben
nur die große Angst
sie könnte brennen
könnte leben und dann
mitten im Abend Sturm
des bitter angehaltenen Verzagens
Vertrauen kannten wir nicht
hält sich eisern lebt den Verzicht
Angst dies Lichte würde leben
der Sturm der uns zerüttet

manchmal hoffe ich leis
in ganz verborgenen Stunden
du kämest doch
kämest nur einmal
einmal hätten wir uns gefunden
heimlich zwischen den Zeilen
zwischen dem Wissen
unbezeugbar ungesehen
zwischen unser beider Leben
bis wir sie wieder ergriffen
unendlich getröstet
und für immer gestärkt

lieb ich dich doch über alle Fernen
und ist es mir Morgen an Morgen
und vor dem Tag
wir hätten uns
mit Namen gerufen
bevor die Stimmen verhallen
wir hätten uns erkannt
liebend
bevor der Abend kommt