Verlassene Orte Gedichtzyklus

8 Minutes

Verlassene Orte

 

1   Verlassene Orte

2   Heimatlosigkeit

3  Verlassener Ort

 

Verlassener Ort

Sonne ist da
der Himmel ist dort blau
fliessende Weite
Raum um Raum
jene Steine
Felsbrocken
die Schönheit bewahren
warmen Strahlen Halt bieten
sich umschmeicheln lassen von Gezeiten
alles ist und war und wird
wunderschönes Bild
von feingliedriger Hand geschaffen
wüsste man nicht um das Leben
in ihnen bezeugt
wüsste man nicht
um den menschlichen Blickwinkel

Wind wirbelt Staub auf
der wie ein Schleier um Ruinen kost
anschmiegsam gewordene Härte
abgerundeter Steine
kostbares wertvolles
unter weich geschliffener Fläche
viele Jahre tragen sie
viel Geschichte ist in ihnen aufgehoben
sie bestehen
die Weise
in der sie nun verrückt waren
hatte etwas künstlerischen

die Tür
schon lange herausgebrochen
das Haus aus Mauerwerk bestehend
gleicht einer griechischen Ruine
wenn es doch Säulen wären
lang gealtert aus anderer Zeit
nur an einander gelehnt halten sich
Wände und Rahmen
bleiben bestehen solange sie letzte Kräfte fassen können
Steine in Not halten sich aneinander
fallen ineinander
Menschen stemmen sich gegeneinander
fallen sich fort
zu oft
in getrenntes Leid
bis sie bröselnd zweifelos begegnen müssen

eine Nische bildet das Fenster
gebrochen in stein
die Blicke forttragen in eine andere Zeit
wo noch war
wo sein könnte
der Vorhang flüstert im Wind und du riechst Weite und Freiheit
und das leichte zwischen den Dingen
ein Fenster hinter lassen
ein Fenster geblieben

sie lag
dort in die Ecke geschmiegt
den Kopf
auf einem grossen gelblichen Stein
das Gesicht
zum Boden gedrückt als wolle sie hinein
du bist keine Erde
Steine öffnen den Boden nicht
sie würde aufstehen müssen
irgendwann
sie müsste über die Steine laufen und die Stadt verlassen
aber jetzt noch nicht
auf zerbrochenen Mauern am Wegesrand
saß ein Mann gebückt
leer schaute er stumm ins Weite

wie konnte es weitergehen ?
was konnte überhaupt weitergehen?
die Luft vom Meer legt kleine Salzkrümmel auf ihre Haut
Salz
sie schmeckt Salz und richtet sich auf
eilt dem Licht zu
es bricht durch die Türe hinein
und bahnt strahlenden Wege leuchtend
hinweisend auf strahlende Richtung

sie hört
Krach
Flieger dachte sie
sind wirklich Flieger da oder denkt sie es nur
sie zuckt je zusammen und wirft sich
in eine Nische eines Hauses
duckt sich
Haut ihren Kopf an die Wand
steht wieder auf und geht weiter
sieht sich um
ruft einen Namen
und eilt weiter
wie kann es so sehr regnen
dicke Schleier vor ihren Augen
es regnet garnicht sagt eine alte Frau
ohne von ihrem klapprigen Karren auf zu schauen
doch es regnet, ja sie sieht es genau
eine dicker Tropfen läuft über den Rest des Glases einer Fensterscheibe
Du bist garnicht an einem Fenster
hier ist alles zu
nichts ist abgegrenzt
hier führen Fenster und Türen ein die Verlassenheit
wärst wohl gern ein Fenster
das Glas putzen dann öffnen und alles ist gut

das Kind
sie hält ihr Herz
und schluckt
schreit in den Himmel
sprich mit mir
jemand schiebt sie in ein ebenfalls kaputtes Haus
sie müssen etwas essen und trinken
hier ist einiges erhalten
und einige Menschen sind im Raum
sie geht hindurch
hinten in der Ecke steht ein Klavier
ich finde zurück

sie hebt den Klavierdeckel auf und will spielen
da bricht ihre Hand mit der Tastatur nach hinten in das Klavier hinein
sie schreit auf
ein Sog zieht ihre Hand hinein

 

 

Heimatlosigkeit

 

find ich dich wieder

verlassene Stadt

verlorene zeit?

dort

sprechen sie von Heimatlosigkeit

find ich nach Haus

Beruhigung breitet sich aus

ich wusste nicht

ich dachte

dass es anders sei

und fiel in Fremde dabei

doch durch die Wahrheit

die ihr bezeugt

finde ich den Weg

die Landkarte

Spraxhe

die mir zutiefst vertraut

Nacht weint

in meinem Zimmer

ich werfe mich in den Sturm

ich wollte Liebe brennen

als Versuchungslos mich fügen

ich wollt es wissen und tragen

ich möchte so gerne zu lieben wagen

mein Fenster ist offen

 

Tag und nacht zu begegnen

und darinnen zu hoffen

in der Eile eurer Heimatlosigkeit

ist mir Vertrautes

wie ein Lied aus alter Zeit

in eurem Hoffnungsreigen

angefüllt mit Einsamkeit

find ich  mein FamilienKleid

find ich die große Stadt

beim Lichterspiel der Schatten

im kleinen Wind

der Aufbruch bringt

fall ich in Geborgenheit

und spüre nahes

warmes Kleid

und alles andere

als Verlassenheit

 

 

 

Verlassene Orte

 

Wir verlassen jeden

Ort und alles

 

ich sah ihn an

erschrocken

aber wir gehen      ziehen

wiederkehren ist glauben

ich sah das Gewölbe der Brücke

in ihren Schatten oder Regenschutz

würde ich gleich gehen

man ging auf etwas zu

indem man auf etwas zu ging

verließ man auch etwas

du hast recht        wir verlassen alles

ist denn alles verlaseen?

Nein  lachte er

manches geht mit

unter dieser Brücke

stel ldir vor

marschierten sie verstehst du

das gab es

und das hallt in mir schmerzhaft

es hat mich so gesehen nicht verlassen

obwohl es nie wirklich mit mir war

 

er sah mich schweigend lange an

wir standen unter der Brücke

geschützt vor dem Regen

verlassen        dachte ich

ob wir wollen oder nicht

wir verlassen

was an dieser Wahrheit

rief mich zum Widersprechen-wollen

ich wollte nicht verlassen

schon garnicht alles

ich wollte sagen    ich bleibe     ich bin da

nicht ich      bin fortgegangen     warum auch

und doch

wir verlassen alles

Züge fuhren über uns dahin

ich sagte da sitzen auch Leute drinnen

die wiederkehren

er lachte wieder aber den Zug verlassen sie

wie könnte ich das finden

was ich jetzt suche

was suchst du denn

etwas dagegen zu setzen

andere Worte

ziehen lassen zum Beispiel fragte er

nichts mit lassen ich will nicht dieses lassen

es reißt mich mit in Traurigkeit

Du warst zuviel verlassen        sagte er

verlassen heißt nicht zurücklassen übrigens

ich wandte mich ab und sah

wie der Regen am anderen Ende der Unterführung

dem Lichte wich

es wird einen Regenbogen geben

hoffe ich

ich wandte mich abrupt ab

und sagte

ich will auf etwas zu gehen

das ist es

ich gehe auf etwas zu

und das genügt

 

verlassen vielleicht ist es ja ein mitgehen

mitgehen mit dem Fluß

dem Wandel Zukunft gebären

Zukunft sucht uns

nach Haus