Saatkorn zwischen Mühlsteinen – Gedichtzyklus

14 Minutes

Saatkorn zwischen Mühlsteinen

1   Zwischen

2   Saatkorn

3   Das kleine Saatkorn

4   Lichtdurchdrungen

5   Die steine

6  Zaubern aus verbrannten Stücken

Zwischen
dem was ich was ich tue dem was ich bin fahr’ ich zur Mühle mahle werde gemahlen
wieder und wieder nicht wissen leben und sein
zwischen          Himmel und Erde die kreisen und mahlen       zu Ist      zu Hier     zu Jetzt
wähnt Sehnsucht unser Heim zu kennen zwischen innerem Ahnen
das unsere Uhr durchflutet
zwischen          Träumen und der Wirklichkeit getrieben gedreht uns ist Versuchen
wir hinein geschlittert schustern zusammen fassen erst im Benennen
Worte in die Häute brennen ein Erinnern-möchten treibt uns an und weiter
zwischen           Ich und Selbst und Du und Wir scheint das hinein geraten was wir zu säen
wünschten wir möchten besser anders mit uns bei uns sein
das Erkennen der Erblindung macht uns auferstehen
zwischen           Leichtem das wir hoffen nahmen wir die Schwere an in Körpern
und Gewichten gaben wir uns Grenzen hin sie zu schmelzen sei der Sinn den wir vergessen
liebten wir denn ach so sehr                                                                     lieben wir seid Anbeginn
wollten überfliegen Brücken schaffen doch nun gehen wir zur Mühle hin
als Müller als Steine als Saatkorn als Sinn
zwischen           Nähe und Ferne in tiefem Lieben

zwischen            Fremde und Vertrautheit
im Erkennen                das Erkennen verlieren                     denn ein Neukennenzulernendes ist
auf einander zu gehen                                                             sich von einander entfernen
zwischen            Verweilen und Eilen Furcht und Mut dir und mir ein freies Fliegen
in süßem Wind zu lieben                   zwischen              Gezeiten

in uns hinein aus uns heraus über uns hinaus immer wieder immer von Neuem
zwischen             Steinen kleiner großer Mühlen mal zusammen mal allein
Fremd wir uns und allem Gegenüber einzig ist ein anders sein wer sind wir wen bringen wir
wohin suchen tasten stolpern uns zu Fragen die uns Schmerz den wir zermahlen
bis nur Mehl uns bleibt den Staub wir leicht verwischen mit Glanz und hohlem Schein
zwischen             Antworten das Fragen aber ist der Kern ach saeten wir ihn gern
nähmen ihn in unsere erdwarmen Hände zu geben hätten wir dann viel
und Fülle wüchs’ in unser Offen-sein das Fremde leicht wie eine Blüte
hüllte uns in Düfte ein lächelt Farben die die Zeit uns halten                                         Es ist
Zwischen
und das
Dazwischen zu befreien                                  ist                                           lebendig sein

 

 

Saatkorn

zeichnet Wort Namen zu bannen brennt sich lösend hinein

durchdringt innig und kleidet ein Kern nichtiges Steinchen Staub zu Staub

einstiges Versprechen Universum in begrenztem Raum Erde schwer    Finden dauert

ein Leben zwischen Müssen und Suchen zwischen Hingeben und Fortfallen

zwischen Bekennen und Vergänglichsein aufsprengend der Traum der leben will

aufblühend aufrecht Hoffnung bezeugen die Erde den Himmel Tag und Nacht lieben

zu entfliehen weiß ich nicht auch nicht wohin                          jetzt und hier

ein ich       ein du                                                           ein Sein                        ein Ist

Steine unbekannt samt ihrer Ränder an deren Kanten ein lichter Horizont

der und ferne Undenkbarkeit schwant ein Gleißen strahlt Schienen zu Leitern gesegnet

Wünschen zu trauen Wege zu hoffen hinein lieben zu glauben

verhaftet der Anziehung wir ins Körpersein gebannt ohne Entkommen

werweiß                                                                              wie also      fliegen                      und wohin

Steine aus erkalteten Urvulkanen schweigen in starrer Härte

leblose Kälte die das Zerbrechliche leugnet und doch benutzt

Wahn durch Kontrolle besitzen zu können und der Furcht den Platz zu stehlen

Bedürftigkeit verschenkende Macht Sicherheit in Abhängigkeiten betten

kreisender Druck gepresstes Hinein und Angewiesen und                 Angegradetsein

bedrängt              zwischen         Stein und Stein            in Hab und Gut        zerpresst zu Geld

nicht Umsetzung in Leben nicht gemahlen zu nähren das nahe unsd das nächste Leben

Nicht-angenommen-sein Erblindung wissen und einsam warm       wir sind nicht Stein

wir dem Leben hingegeben in wildem Mut zu bekennen in kleiner Zeit in engem Raum

was ist                               was tut                                      in aller liebe Blut

auf den Stufen die zur Mühle gehen         weiße Tücher                                weiße Worte

feinster Staub der bleichend auf den Häuten lindernd haftet

gesponnene Fäden in Farben getränkt das Fühlen näht das Erfahren sticht

Tränen und Lachen Versuche schöpferischen Gießens Konturen annehmend          geben

in den Stürmen rauschen Lieder        die uns atmen                 die uns überdauern

runde flache Steine Zeit zwischen die das Korn getrieben

ist uns der Horizont geblieben weißes gemahlenes Licht

hell und warm und voller  Leben uns zu nähren und zu sehnen

in säendem Rhythmus auferstehen           Schritt für Schritt              ganz einfach gehen

ein kleines Leuchten in den Tag zu wagen     nichts halten         leben und lieben

 

 

Das kleine Saatkorn

 

Innen drinnen
seh ich den Himmel
seh den weiten Raum
Vielfalt voller Farben
voller fröhlichem Erblühen
fühl mich schon tanzen
rauschen wie ein Meer
wo her mag die Ahnung sein
das Saatkorn
schaut so in die Welt hinein

und doch
es drückt mich
ach zerreibt mich
werde bitter vergessbar klein
es bleibt ja nur
das Kann-nicht-sein
träum weiter du
wirst es schon vergessen
und das es ginge
ist wirklich auch vermessen

aber
wir könnten doch
ich hör uns schon
in diesem Großen Reigen
auf weiten Feldern Ähren zeigen

nicht du
es muß es soll du mußt
wir werden dich bestimmen
und sperren dich nun ein
die Steine zerdrücken
zermahlen den Kern
gleich einem Hauch
ein leises Rieseln

einzig
zu ihrem Schmucke
soll ich sein
feinstes Pulver Euch zu lichten
die so düster kalt und hart
nicht um freie Meere wüßten

gebündelt
im Entgegendrehen
in seiner ganzen Fülle
verdichtet aufgehoben
das Korn
dazwischen gelegen
es knickt nicht ein
nicht unter Mauern
nicht unter Stein
nicht unter eisiger Härte
die man ihm auferlegt
scheint nur zu verschwinden
unter dem harten Schnitte zerfetzt
drahtige Kontrollen verlangen Gehorsam
zu Diensten dem mächtigen Besitze
fügt es sich scheinbar und wurde klein
sich leugnend seinen Wert sein Sein

und doch
ein lichtes Weißes stäubte auf
die Augen drohen zu erblinden
in dem Nebel den man fassen kann
leise warm und sanft und licht
es ist als ob ganz laut das Leise spricht
die Welt in meinem Innern
ich fliegt mich auf
und ich bedecke sanfte ein
werd’ Nahrung neuen Zeiten
Wort und Brot

so kann es das Saatkorn auch zerstäubt
Licht und großer Segen sein

 

Lichtdurchdrungen angehalten

Nähe und Ferne
Fremde und Vertrautheit
auf einanderzugehen sich abwenden
im Erkennen das Erkennen verlieren
Neukennenzulernendes

ist

in jenem

Jetzt
vollständig Sein
Lider stehen
Augen winziger Blick
ganz Saat ganz Korn
weiht sich dem Unbekannten
gibt und gibt

erwacht und stirbt
wandelt auf Brücken
und ist sie selbst
und ist sie schon gewesen
in des Anschauens Mitte
der es sich sogleich entzieht
stetig angetrieben
Saat und Korn
In Räumen voller Rhythmen
von Abschied und auch Wiederkehr
Geburt und Tod

in geheimnisvollem Wandel
sucht es zweifelnd in den Gründen
wo der Boden wo uns Erde sei
zermahlen sind wir aufgerieben
wenn wir nur säen ist ein Werden zu finden
das Vollkommene  ist nicht zu zerstören

gibt uns nicht aufdie Spur gezogen

wir  nun

stille lichtdurchdrungen angehalten

ein Stückchen Nahrung  Halt und Boden

sind

 

Die Steine

 

Die Steine
die dort mahlen
ahnen sie das Saatkorn
das zwischen Ihnen ist
sie drehen voller Schwere
sich gegen einander hin
reiben zermahlen sei ihr Sinn
alles was zwischen ihnen drin

das Saatkorn ward in ihrer Mitte
hat sich erschrocken dort gefunden
schwarze Schwere Nacht über ihm
plättend harter Düsterhimmel kalt
in fremder Enge sich entrückt
ist es nicht mehr? ist es zerdrückt
Zufluchtshöhlen eingesunken
was bewegt und liebt scheint leer
gewonnene Fülle eines Lebens
in einziger Träne gebündelt
entzieht sich fort in Schluchten
fallender Seufzer gepusteter Hauch
auf Narben und Risse der Steine
jetzt sich von sich zu trennen

die Steine im verlangend Traume
wollen sich sehnend näher sein
kein Korn darf sie entzweien
vertreiben in stetigem Mühlwerk
zerdrücken zermahlen zerstäuben
Farben und Glanz Faser und Schale
wir bald verflüchtigt in anderes Sein
schmückt uns schon ein weißer Flaum
was uns zu viel ist an Dazwischen
haben wir verschenkt hinaus verdrängt
ein lichtgeflockter trockener Kronenschaum
ist an dem Schnitte unserer Dichte
erhellt und sanftet unsere Brüche ein

das Samenkorn ist nicht mehr
in der Gestalt die es gekannt
die wachsen wollt’ und Erde sucht’
es sieht gerade eine Wolke werden
aus der regnet weißer Staub
schweben fliegen und bedecken
aneinander bindend sich verstecken
weiß es plötzlich noch zu scheinen
dieses Lichte kann in seiner Leichte
ein Stein nicht halten noch erdrücken
dann soll es eben sein Steine vereint
dicht aneinander geschlossen
Ist es entkommen
das Saatkorn den Steinen
licht und leicht

 

n

 

 

Zaubern aus verbrannten Stücken

 

an den du dich nicht zu erinnern vermagst
gab es ihn fragst du dich gibt es ihn
du weißt nur Druck von oben von unten
der dich bezwingt dich atemlos presst
ist es Flucht Umgang mit Enge
oder verwandelndes Wachsen
etwas wächst immer über dich hinaus
nach innen nach außen durch alle hindurch
ist es die Zeit die das Außerhalb kreisen macht
unter vielen Rundungen schwindelt’s dir
du spürst es reibt und reibt und mahlt und mahlt
und du darinnen immer feiner
zerbröselst und erkennest nicht
wüßte man kostbarstes Mehl
erhofftes Lebensbrot Sinn Nutzen sein
ach einen Moment sehen was man ist
was man wird was nur kann man sein
dem Leben zu gesprungen
entwischt auf einem Sonnenstrahl
selbst auf die Erde gegangen
sich ihr hingegeben ganz Kern
sich verbindend hinein windet
himmelwärts es gibt doch
ist schon Sturz ins Räderwerk
Mühlen wissen zu halten
zaubern aus verbrannten Stücken
Fülle die zu klettern weiß
und Sonnenstrahlen schlicht bezeugt