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Fliessende Identitäten, Gedichtzyklus
Gedichte zum Thema Fliessende Identitäten
1 Im Flusse -Du Ich Du Ich –
2 Unten am Fluss
3 Nachts
Im Flusse Du-Ich-ich-du
Fluß oder Stein
Grund und Ufer
getriebene Steine
bewegtes Geröll
konnte man
im Flusse nennen
heiße Lava
erweichtes Innerstes
in Luft geworfen
in Asche gesunken
im glühendem Flug
stürzt sie
ins Meer
Fließen wir alle
Viren Atome Gene Teilchen
Wasser Aquarium
im Raum aus Luft
was flüchtete
was ist getrieben
was fließt
Geschehen Geburtstage
Kerzen übereinander schwappend
ineinander fließend
ein Lichtermeer bedeutet Alter
schönes Bild
eine einzelne Kerze
einzeln der Anfang
Scherben zu Mosaiken
die festen Fügungen
Wohnungen gebaut
aus Zerbrochenem
aus Schreiben aus Fahren
zusammen geflossen
still gehaltene Oberfläche
des Flusses schenkt Himmel
Ins Fließen stürzen
fallen wie das Licht
auf die Wellenkrone
den Fluß durch brechen
Körper einbringen in wendigen Raum
an Unsichtbares geschmiegt
in scheinheiliger Neigung
gegen den Strom
mit dem Fluß
gesellschaftlicher Identitäten
verbissen in Konsumieren
den Nächten zugeneigt
allem Dunkel das verbirgt
gerötetes Sehen
lindernder Nebel
unscharfer Trost
Wüstenhengstfahrer
in der übersättigten Stadt
die hungert und darbt
so fern dem Schönen
gefülltes Nichts zerfällt
der Spiegel geschmolzen
von Ruß geschwärzt
erkenn ich darinnen
das geklappte Antlitz
Du- hast du- du gesagt
ich guckte an mir vorbei
um ihn zu suchen
hinter mir wo keiner ist
er den du ansprichst
hast du- du gesagt
du weichst zurück
vor meinem Blick
der jäh ab brach
an der Kante
deiner Stirn sich bog
um wie ein Bumerang
in meinem Inneren
zu suchen
da mußte es sein
dein Atem zog wieder ein
Du sagst schön
das wir uns heute treffen
das wir
es fing uns ein
wir
darin wollten wir sein
das Du verbergen unter Vielen
du wirst doch nicht fragen
am Wetter halten wir uns
an allgemeinen Plagen
an Zuständen einer Welt
wir gingen wir lebten
wir brannten wir töteten
was schon
wir hungern wir dursten
wir essen und trinken
dabei halten wir uns zusammen
einerlei und allen gleich
die Hand gereicht
weit über Bord die Du-s ertränkt
du wirst doch nicht fragen
was wirst du sagen
die Hände ineinander Gerungen
wie zum Gebet
wer bist du- wo ist dein Bruder
was hast du getan
such mein du und such es lieber nicht
bring dein ich und bring es lieber nicht
wie gehts
was machst du
da war es wieder
ich hatte gemacht
war Kind gewesen
neben dir
die Zeit
fand ich nicht wieder
ein wenig am Ärmel
deiner Jacke
eine junge Frau
war dort
war gegangen
mit dir
geschmiegt an dich
eine Fremde dieses ich
deine Jacke
hat sie still behalten
Bruchstücke Fahrten
Kaffeetassen darüber gestellt
Scherben die glänzen
mein Arm fühlt den Schnitt
also bin es ich
er ist geheilt
wer
der Arm sagte ich
meine Mutter war gefallen
weiße Arme
Verband und Gips
Kleid das weiße
das du trugst
wenn die Zeiten in einander fließen
uns Chance
wieder zu binden
finden was übrig blieb
du bist es
das Bild
das ich liebte
was ich nicht gekannt
ich riß mit einer Bewegung
dies hinter mir
stehende Unbekannt
nach vorne
klatschte es auf mein Herz
du bist ich benannt
ich geb es dir
danke sagtest du
und hast mir deines gesandt
da haben wir uns erkannt
Unten am Fluß
sie stand
sei mein
das andere Ufer
dein
das Schiff
in seiner Mitten
hat kein Land
kein Hafen keinen Steg
wir haben ihn versagt
und nicht gehört
dass ihr geklagt
das Licht hat mich
in schwarze Nacht gebrannt
du leuchtende Flamme
noch hell umsponnen
von Mondenschein
wir trugen Schatten
sogen Ruß
ins Fließen gewirbelt
in Fluß zerfallen
und erstarrt
den Stein nahmst Du
die Steinewerferin
bin doch ich
was passt kein Platz
kein Pfad wem auch immer
das Gesicht wird euch gemacht
wir schlagen es euch auf
aus Papieren nicht aus Kronen
eure Hände rein
und voller Leid
mein Gesicht hab ich
zum Antlitz schnell gewaschen
deines wusch ich bunt
gestempelt dir
die Stirn gebannt
erkannt dies sei
Sprache es gibt nur eine
und sprechen
sei für jene nicht gesund
die Brücke uns
in Hände gegeben
man riss sie ein
man hatte Furcht
das im Fluß
ein Fisch erschlagen
werden könnte sein
so zog man das Gerüst
in Schranken an die Ufer
gegen alles Fremde
was uns unbekannt
ich ruf dir zu
der Wind trägt es fort
das war nicht ich
nicht ich
die Antwort sicherlich
die trag ich nicht
die Hände in den Fluß gelegt
bis sie fast fortgeschwommen
wirkten kalt wie Stufen eisern
Krieg krieg weiß nicht
wovon man spricht
das Tau legt sich um jedes Boot
wir haben sie hinein gebunden
niemand sei mehr frei
Ruhe ist und Totenstille
es ist was ist und stirbt vorbei
und ich und du
wir kannten wir doch nicht
oder oder
wir machen fest die Augen zu
sahen nicht und sehen nicht
wissen nicht
und haben es auch nicht gewußt
im Recht im Recht plätschert
des Flusses Welle
entzweit und abgebrochen
teilt uns fort
grenzt scharf ab auseinander
von deinem Sein
von meinem sein
ich bin es
alles Lüge
schwimmen muß ich nicht
sage was zu sehen sei
verschrauben uns
wissen Weg und Spur
was zu haben und das
das behaupten wir dann stur
wer wagt es wer wagt es
Weg zu fragen
warum sein Himmel ist
ihm werden wird
das Recht versagen
fort fort du bist es
selber Schuld
hättest dem Götzen
dienen können
auswendig gestehen
das kein Himmel mehr
wärst ein Kern
im Fluß geblieben
ich bin ein Mensch
der einzige von Wert
in diesem Sein
du nicht du nicht
der Fluß
er ist ja nur aus Tränen
eines langen Stieles
dunkler Saft
die Blüte ist aus trunknem Blut
er hat vereinsamt
wo das wir zu ende dort
zum Himmel hoch geschrien
und nimmt sie mit
alle
die noch fliehen
Nachts
Nachts der Regen ist es der mich wachsen macht nachts
in tropfender Fülle großzügig fallend die Stadt tränkend mit neuem Geräusch
Näße duftet Erneuerung versilbert glänzend Steine Teer und Hauseinfahrten
Wasserlachen spiegeln Schwärze des Himmels Schimmer künstlicher Lichter
Laternen halten Hoffnung streuen auf sumpfigem Grunde mir Blüten und Sterne
weine ich? ich weiß es nicht über die Wangen läuft Regen erbarmt sich
mich schützend vor festlegendem Gestempelt-Sein aufrichtend kennt er Verrat nicht
nur der Regen wäre haftbar wer ist schon tut schon in der Nacht des Regens
fliessende Rinnsale über Wangen wecken das spielende Kind Füße hüpfen
Leichtigkeit aufsprudelnd im Sturz beugende Rüstung springend fort schütteln
die nicht gehobenen Hände Blättern gleich frei ins Lösen reichen nachts
ein Tropfen Regen ist da tropft im Jetzt innehaltende Nähe fließt fort
die Haut die Sinne die Emotionen die Psyche das Wesen der Charakter
verlassen und geborgen lebendes Wasser bin ich Tränen tropfen Ängste rinnen
Suchen schläft gespiegeltes Licht und Nacht gefallener Himmel auf Straßen
das nichtig dünkend winzig Gefasste perlt aufprallendeTat Ringe wachsen
in verirrten unscheinbaren Seen empfangen wagt es einzigartig bewirkend Großes
in bedingendem Geschehen wir einander gleich alleine gleich durchflossen
ohne Farben unter schwer gewordenen Wolken die nicht mehr tragen wollen
getränkte Schatten in schwimmenden nächtlichen Kulissen vor der Dunkelheit
schwerem samtenen tiefroten Vorhang verdeckter Bühnen und Tage
aufgepfropfter Masken uniformierter Kostüme genormter Werte Ausgrenzung
behaftet bestimmter Ordnung entsprungener Pflichten berechtigten Werkel’ns
nachts wenn der Himmel weint beruhigend rauscht Mißtrauen verwischt
bleibt mir nichts als Aufgehoben-sein in fallendem Sog erwachen
nichts wissen nicht warten nicht eilen weinen und sein und lieben nachts
über Gesicht und Baum und Häuserwand fließt Regen gleichmütig gerecht
in mich hinein und mich in sich hinein in Wassern verwoben bezogen sein
blitzt sternend Licht Lächeln birgt den Tropfen im rettend aufgerichteten Winkel
es regnet aus Wolken die nicht weitertragen ein Glänzen schwarz
dem Lichte zu gewandt auf die nächtliche Stadt so kann ich es machen
einfach vergessen Tropfen und Lichter spielen lassen nachts