Es ist schon da

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Es ist schon da

Zu wichtigen Zeiten hatte sich die Welt gewandelt, die Welt der Menschen. Es gab Erleuchtungsdaten, es gab Weihnachten, es gab Naw-Ruz,………wie seltsam, ich bemerkte, dass sie von all diesen kulturellen, religosen Gerüsten schon in der Vergangenheit sprach. Das was sie waren, sind sie nicht mehr, ihre Fundamente wackeln. Dort am Fenster, sah ich auf das verkaufte Kirchengebäude. Warum hatte man es entweiht? Warum war nicht die ganze Stadt geweiht, in Empfang genommen als heiliger Raum für den Menschen, um darin zu leben.
Die Natur, dessen Teil der Mensch ja ist, wir geraten diesbezüglich vergeßlich zu sein,  schenkte oder gab dem Mensch diesen Raum frei, für seine Weise zu leben. Ich dachte nach und rückte ein paar Bücher gerade. So getrieben von einer Unruhe, sehnte ich mich auf einmal nach Mit-gehenden, Mit-verstehenden, Mit-ändernden.
Greta ist auf die Strasse gegangen für diese große Klimanot, die sie erkennt, „The house is Burning“. Wie dankbar ich ihr bin. Wieviel Hoffnung ihr klarer Mut macht, hörten doch alle ihren Ruf und entwickelten ein Bewußtsein und eigene Aktivität.  Einstehen genau geradlinig für das, was man erkennt und und sie nimmt es an und handelt und verteidigt den Wert des Lebens und der Welt. Greta will wecken, wachrütteln, Hilfe holen. Sie bezeugt einen Zustand und ein Verbrechen an der Erde. Viele Menschen wollen sich ihr anschließen ja tun es, nur diejenigen, die die Macht und das Geld besitzen hören und sehen weg, leugnen und sprechen alle Umsetzungsmöglichkeiten gegen besseres, errechenbares Wissen ab.
Das Brennen, ich nehme es auch wahr, und dieser unbedingte Entschluß auch etwas zu tun, brennt auch. Einen Weg zur Tat zu schreiten, wie Greta es getan hatte, finde ich nicht. Immer unklarer wird mir, wie sie es geschafft,  überhaupt gemacht hat. Es wird immer so einfach erzählt, so schlicht hingestellt, man geht einfach hin und bleibt demonstrierend sitzen, gehorcht keinen Aufforderungen, keine Zwängen, keinem Bitten, und wird akzeptiert. Wird akzeptiert, denke ich, könnte man denken, aber einfach ist an ihrer Tat garnichts, absolut garnichts. Es ist ein riesiger Schritt. Viele Zusammenhänge kommen mir in den Sinn, wieviel muß zusammenpassen damit es geschehen kann. Hätte man mich akzeptiert, hätte es überhaupt etwas bewirkt mit meiner Person? Ratlos und traurig hab ich das Gefühl vor großen Fragen zu stehen. Sie ist ganz und gar ehrlich mit sich selbst und ihrem Tun, und die Wahrheit hat klar aus ihr gesprochen sozusagen, dass nichts wagte zu widersprechen. Sie hat die Wahrheit selbstverständlich angenommen, und sich Ihr gebeugt, man könnte auch sagen, sie hat widerspruchlos ihrer inneren Stimme gehorcht. Sie wußte die Bedrohung der Erde so dringlich, so wahr, so klar, das nichts anderes sie würde bedrohen können. So hatten andere keine Kraft es zu verhindern. Man sagt, ein Kind, man sagt,…. dachte ich und wußte, sie mußte sehr unglücklich und einsam  gewesen sein und es ist der einzige Weg, den sie sah ein bißchen Sinn und Liebe zu leben, sie war bereit ihre kleine Welt und ihr Leben dafür auf’s Spiel zu setzen. Sollten alle „Man‘ s“ sich nicht mal fragen, wie es mit ihrer eigenen Liebesfähigkeit, Bereitschaft bestellt ist? Vielleicht konnten viele es nur deshalb überhaupt stehen lassen, zulassen, weil sie ein Kind war. Das hielt doch immerhin eine Abhebungsmöglichkeit. Sie mußte reisen und mit den größten Machthabern der Welt sprechen, (was neben allem auch immer einen niedlichen Beigeschmack enthielt,)und sehen, dass diese nicht verstehen, nicht hören, dass diese so weit entfernt sind vom wirklichen durch und durch erlebten Wissen, dass das „The house is on fire“ sind. Das muß unerträglich sein. Sie hat eine große Kraft der Geduld und der Beherrschung und der Einsicht. All das fuhr mir durch den Kopf. Ich überlegte mir viele Situationen, viele Handlungsmöglichkeiten, sah mich verlacht, ungehört, sah mich Wege verlieren. Ich weiß nicht. Zunächst dachte ich immer mehr nach. Nachts erwachte ich, fühlte die Bedrohung und aber stärker und durchdringender war das Wissen, dass es doch so unendlich schade ist, so unendlich schade. Eigentlich hatte ich das Leben immer sehr gewichtig empfunden, sehr voller Fragen, oft zu schwer, aber ich wußte auf einmal deutlich, dass ich etwas schätzte an diesem Leben, am Dasein an sich, an der Möglichkeit in sich Wärme zu erzeugen und weiter zu geben. Es hatte einen tiefliegenden Wert für mich! Und der Wunsch, das zu verteidigen, zu schützen, das Unrecht zu bezeugen, wurde auf jedenfall täglich lauter. Wie arm sind wir, dass wir nicht mehr wissen, dass es nichts Lebensreicheres gibt, als etwas beizutragen. Die Flammen zerstören Leben und Lebenssräume, aber es ist nicht das Feuer an sich, dass so quält, es ist das, dass wir es sind, die es über die Räume über das Leben schicken, wir aktiv.
Wie nur können wir es ertragen, dass andere Menschen so sehr leiden und sterben, obwohl wir helfen können. Können wir am selben Tisch sitzen  neben Hungernden und Auserlesenstes essen und glücklich sein? Nein. Wir können es nicht, und darum erfinden wir die schlimmsten Geschichten von Wertlosigkeiten und Herabwürdigungen. Und unser Lebenswille erschlafft. Wir hasten nach Betäubung. Auch Kriege sind ein Rausch. Zerstören lebt sich schnell, braucht wenig durchdenken, kaum Geduld  und wir nehmen an Größe, an Machtgefühlen zu. Aufbauen, braucht viel Denken, Wissen, Geduld, Hoffnung, Durchhalten, Zweifel ertragen, zu lieben riskieren,  braucht Zuwendung und  bringt viele Etappen von Unzulänglichkeitsgefühlen und Machtlosigkeiten, ist eines Hintröstens bedürftig.

Und Der Mensch zeichnet er sich nicht auch dadurch aus dass er wandlungsfähig sein kann dass er über sich hinauswachsen kann ? Warum stoppen wir notwendige Wandlungen immer ins gewisse, bekannte -Immerso-gewesen- zurück? Du schlägst, also wirst du immer schlagen, aber es gibt Aufhören, es gibt umkehren, es gibt wiedererwachen, es gibt neue Umsetzungen, die weit über unser Verstehen und Wissen hinausgehen. Wir könnten fallen, kann es denn noch wirklich schlimmer werden?  Schlimmer, als das, dass wir so unendlich viele Kinder auf der Welt schutzlos ausgeliefert sterben lassen? Wir behaupten Kinder müssen von uns angehalten werden zu lernen. Dabei ist ihr Wissensdrang und Lernwille riesig und bedingungslos nicht wie unserer mit Sicherheiten und Geld auf das engste gekoppelt. Angehalten ist ein vieldeutiges Wort und ich weiß nicht, ob wir nicht tatsächlich die eine Bedeutung besonders viel ausführen, Kinder anzuhalten, im wahrsten Sinne des Wortes.

„Du beschäftigtst dich zuviel mit Umweltfragen!“ „Du nimmst es zu nah, du findest zu wenig Abstand.“  Aber wie konnte man es mit mehr Abstand nehmen? Es ist mir nah, täglich nah. Ich ging in meinem Zimmer auf und ab.
„Der Panther“, nie zuvor war mir das Rilke Gedicht so voller verstehen. Ich fühlte es in meiner Haut. Mir war nur nicht klar, was oder woraus genau die Gitterstäbe in meinem Fall sind. Dieser Widerspruch, der in so einem edeln, sportlichen Tier und dem kleine Käfig sich Qualvoll auftut, ist das ein Zustand, der ein bisschen auf unsere Widersprüche verweist, in denen wir Menschen uns jetzt befinden? Ich versuchte den Panther mit Sport aus mir heraus zu bekommen. Ich hetzte mich, nicht um zu laufen, sondern um ihn los zu werden. Ich meinte den inneren Panther zu spüren, ein Gefühl in den Fasern des Körpers, die Spannung der Nerven, ähnelte dem Fell,  nachtunheimliches Erzittern der Haut. ich meinte Abhärtung und Verdrängung auf meiner Haut zu sehen.

Morgens, wenn ich zur Arbeit ging liefen meine Augen. „Weinst Du?“ sagte ich zu mir selbst. Als könne ich es so besiegen, dieses Tränen der Augen. Sie zogen mein Gesicht entlang und schmälerten es. Ich las diese Sätze:  Fort! An einem dieser Morgende sah er seinen Mund reißen und fühlte aus den tiefsten Tiefen seines Körpers diesen Schrei anschwellen, den Schrei eines Tigers, der über weite Ebenen schreit. Die ganze Steppe ist erzittert und ist gewarnt.  Er sieht, wie die Lautwellen das Land erfassen.  Er hört den Schrei, der wie eine Fackel das ganze Land in brannt steckt. Er bricht auf. Bricht auf der Geburt einer neuen Welt entgegen. Er war stehen geblieben, lehnte sich an einem Baum und wartete bis dieser ihn ergreifende, durchflutende Zustand aufhörte. Er atmete tief erleichtert, dass nichts seinen Körper verlassen hatte, dass die Strasse noch die Strasse war und ging zu seiner Arbeit. „Der Tiger wird schreien“. wußte ich, aber was hatte ich damit zu tun. Gerührt sah ich die Wurzeln am Stamme eines Baumes die Strasse anheben. Es gibt Kraft! Es ist Kraft.

Nur ist es die Frage, wie wir diese Kraft annehmen, umsetzen wollen, dachte ich. Die Kirche an der ich vorbeilief war verkauft. Sie hatten an einen Messiass geglaubt, damals, immer noch. Wie konnte es eigentlich sein, dass man sogar eine neue Zeitrechnung angefangen hatte, man hatte die Menschen gezählt, an ihre Heimatorte geschickt. Wie aber kam es eigentlich zu einer neuen Zeitrechnung? Noch nie hatte ich mich das so genau im Detaille gefragt. Ich hatte es hingenommen. Der Messiass war geboren und sofort stand alles auf Null und die Uhren tickten wieder. Hatte jemand an einer großen Uhr gedreht? Und alle hatten ja gesagt. Wie kann das sein?  Darüber muss ich mir Material besorgen, beschloss ich. Im Nachhinein sind wir vielleicht geneigt alle Geschichten, historischen Vorgänge in eine Unnahbarkeit zu schieben, etwas Unwirkliches im Übertragen auf unser eigenes Leben darum herum zu lassen, sozusagen einen verzauberten Abstand, was uns allerdings auch verführt, unsere aktuelle Situation nicht richtig wahrnehmen und einschätzen zu können und unsere Aufgaben zu verpassen, sowie in die gleichen Fehler zu tappen, sie gar zu wiederholen. Damals, man hatte Kinder getötet, hatte ausgebeutet, man hatte gekreuzigt.
Und es hatte eine neue Zeit begonnen, wie konnte das sein? Hatte man alles geändert, plötzlich? Hatte sich sozusagen eine Veränderung über die Menschen gestülpt, oder war es eine lange Entwicklung, die an einen bestimmten Punkt gelangt war? Der Messias, der Tropfen auf den heißen Stein? Oder war es ein Messias, der es brachte?  Der Schritt von einer alten Weltordnung zu einer Neuen? Vom Alten Testame ins Neue Testament? Und mehr oder weniger nahmen die Menschen es schnell an und setzten es um?  Über viele Länder der Erde verbreitete sich das Neue? Würde das heute sein können? Könnte man auch heute bei Zeit Null anfangen? Und warum und warum nicht? Bräuchte es dazu einen Messiass, eine überweltliche Größe?
Schön wäre es schon,  vielleicht, dachte ich, wenn einer wüßte und sagte und sähe …..könnte es wieder so kommen…?
Die Frage ist einen andere. So heißt es doch, er schickte seinen Sohn, die beleibte Seele, geschickte Verkörperung, den eingefleischten Geist.

„Nein ,“ ich blieb stehen, sah zu den großen Fenstern,  den Jahrhunderte alten hinauf. Geschickt werden, ein neuer Messias?  Ich glaube nicht. Diesmal müssen wir gehen, wir kommen das Neue zu Verwirklichen. Wir müssen es in einem gemeinsamen, großen Gedanken erkennen, verbinden. Wir müssen eine neue Zeit einläuten und beginnen sehr dringend, eine neue Zeitrechnung mit allem was dazu gehört. Das Räderwerk muß gestoppt werden.  Ein Neuanfang muß sein. Eine komplette Umwandliung. Und sie ist schon da, sie beginnt. Möglichkeiten zeigen sich, überall sind Zeichen, das Wissen ist schon da. Der Himmel und die Erde stehen offen und warten auf uns, dass wir es wagen.
„Es ist schon da,“ dachte ich,“ es ist schon da“: