Aug‘ in Aug‘ – Gedichtzyklus

13 Minutes

Sieben Gedichte zum Thema Aug‘ in Aug‘

1 müde

2 einander Ufer sein

3 spätes Glück

4 noch einmal sehen

5 wandere ich auf deiner Wange

6 lieben

7 Planet

müde

die Lider über mein Sein gelegt

anheben ganz wenig

das Licht

ich ließ es zu
wagte
stellte mich
mich stellend erwachte ich ganz
stieg in deinen Blick
unter müden Lidern fand ich deine Augen

 ich sah und sah     sah wieder hinein

alle Zeiten gingen auf

und ich wußte auf einmal                                           nichts geht verloren
ich fiel in Glück

                                                                                                                                    ich falle          ich fliege

         Schwellungen vergangener Begegnungen

                                                                                                                    unbeantworteter Fragen einsamer Reue

unter meinen Lidern

     aufgehoben im Blick der bruchlos fließt

stürzt      um auf zu fliegen

Mensch Sein

      wir         ist Brücke        ist Regenbogen

verschiedenste Farben Hoffnung

Wir

                                                                                                                            schauen  verstehen erfahren

man könnte diese offenen Augen lieben

und die Menschen vielleicht auch

(steht ihr Auge in Auge vor Glück am Ziel)
Einander Ufer sein

ist Ziel Ende Anfang
der Absprung
plötzliche Schlucht
angekommen
Schwelle zu Fallen
wissend um den Sprung
halt ich mich einzig
an deinen Augen
Brücke über die Schlucht
frei aufbrechende Quelle
fließt Unbekanntes Licht
aus Innerem in Inneres
eine Tür ist aufgegangen

Glück dich in mich
mich in dich
eine Welt
hier herrscht
Verbindung und Freiheit
Glück
Wissen um
Geborgenheit und Sinn
Augen atmen
es weht der Wind
größerer ursprünglicher Quellen
wir fließendes Fallen
vertrauen ins Unfassbare
Nebel ist Horizonte glauben
unabsehbar die weiße Linie
bevor wir sie noch ziehen können
fallen unsere Lider einander Ufer sein
zwischen Gesichtern von Wunde und Blüte
Glück
in der Berührung unseres Blickes
wird unser Fallen Fliegen

Spätes Glück

man hat sich getroffen man hat sich geliebt
in Zeitungen steht es wie alles geht
und sonst tu’s wie die anderen wie die Zeit es dir sagt
die Werbung schreit’s das Radio zerredet’s
der Spieß prügelt’s rein zusammen gestutzt
gekürzt gekämmt geschlichtet für Dummies erarbeitbar
versüßt verzaubert mythisiert religiöse Unhinterfragbarkeiten
Traditionen bauen Haltegurte Treppengeländer Stürze kosten
stürzen wer weiß wohin Fragen aufwerfend die totgetreten sein müßten
das Versteck verraten Rat kaufen nur wer bezahlen kann
wird eben verteidigt aber es muss so sein nun angeklagt
hat man sich getroffen – man hat sich getroffen welcher Verrat
lies lies in den Zeitungen steht es so und nicht anders
lebe dich nicht es siegt ein Sieh-ein zwecklos aber es muss sein

sie haben sich getroffen man hat sich geliebt
aber sicher doch du guckst nicht bei jedem rein sie waren im Bett
mehr noch als andere und zu außergewöhnlicher Zeit
und sie gaben sich Platz beweihräucherten sich
und geweint haben sie auch und auch gesoffen
und die Kinder alles gut getroffen wie es im Buche steht
dem Ratgeberbilderbuch dem Gehörmitdazu Wirwerdenbeidirsein

sie haben sich getroffen sollten sich treffen bestimmt
waren unter Druck es musste ja sein es kam so
und wenn nicht was hätt’ man getan so geht’s
und die anderen und und oh nein es blieb nichts
sie hat ihn immer an die Hand genommen
er hat ihr samstags Blumen gebracht
indes hat es schon auch sicherlich stumm
hinter verschlossenen Türen gekracht
muss ja so muß ja so und man weiß ja
tratschten die Freunde und luden sie lieber einzeln ein
alles gut sagten die Familien man kennt ja
was uns genug soll’s auch den anderen sein
und mit der Zeit und überhaupt zu unserer Zeit
und wer weiß was sonst da muss man durch
hätten – hätte man können wozu auch wie auch

sie haben sich getroffen sind Jahre in Urlaub gefahren
er ging spazieren sie weinte anfangs manchmal
man weiß ja der Arme feste Leine oder zu locker
in ihrem Alter angemessene Kleider diese anrüchigen Schuh
aufrechter Gang verflüchtigt in Schulterklopfen und Nicken
sein Hut zu verdreckt zu versnobt zu aufgepeppt
der Nagellack zu grell zu fade das Lächeln
zu blubbernd die Worte geschmiert gehört dazu
ach leid tun kann es vielleicht könnte hätte sollte müßte wollte
verdrängen verbrennen ist besser am besten ist’s in Kriege stopfen
sie gingen in Gesprächsführungsseminare in Partnerkurse
in Yogakurse in wer weiß es Saunahotels Clubs und anderes
sie fragte sich ginge-ich-ins-Puff ganz schnell und träumte sich schön
und konnte die Männer verstehen schien ehrlicher und wahrer zu gleich
es schien so leicht und als Frau wo ginge sie hin
und zählte es denn sie wär die Arme die Böse krank halt
würd’ nicht so kommen bei ihm der King der Erhabene Ehrfurcht steigt
liebte man eine denn nur um zu gehen man glaubt ihr nicht man treibt sie heim
die Hütehunde beißen scharf und sitzen dann mit dem Hirten im Feuerschein
bist du besser wenn du dich verkaufst oder kaufen gehst
schweig’ hast’e Geld bist’e was schweig’und tu und gib auf
fügen fügen und ich-seh`-es-ein will lieb und artig zu Diensten sein
das mit dem Allein längst verstanden Vorsicht nur
nach langer Übung schließlich beherrscht’s bedroht’s nicht mehr

sie bestanden mit Auszeichnung das ein oder andere mal
trafen sich eines abends nach 50 Jahren ein erstes Mal
unten an der Straßenecke dort ja dort genau dort
wo es anfangs war man weiß nicht warum
er hatte den Blick gehoben auf seinem Weg auf die Ecke zu
die Ecke ragte spitz in die Kante hinein kannte kein Erbarmen
mit ihren Augen – Auge in Auge – standen sie erstarrt
ins Mark erschrocken sahen sie sich ein erstes Mal
und während sie ineinander fielen fanden sie sich selbst
und ihren Ort unendlich weit voneinander fort
unendlich weit voneinander fort – sie standen lang
—aug in aug—
und wanden sich krümmten sich krampften und litten
rangen nach Atem nach Lebensluft
er bog um die Ecke sie bog um die Ecke sie erkannten sich
Erkennen ist Glück und wussten verstanden
wir zwei lieben uns nicht und liebten uns nie
und waren fort wie immer entfernt weit fort
in die Augen zu sehen hatten sie sich nie gewagt
hatten geahnt Augen sind Wahrheit und Verstehen
jetzt ihre Ziele weit voneinander entfernt verstehend
sahen sie einander tief in die Augen eine leise Neigung in ihrem Wesen
denn Augen verstehen doch werten sie nicht
sein Ziel ein anderen Ort ihr Ziel weit fort
sie hatten sich getroffen und blieben fort

spätes Glück

Noch einmal sehen

Wenn ich ich
nur noch einmal
sehen könnte
sehen
wie du und ich

in jener Schwärze
einer tiefen Nacht
sahen
wie damals
wir beide

die Augen zu
Lippen an Lippen
fielen
Hand in Hand
Körper in Körper
schmelzend
Aug in Aug
die Flamme
lebten den Docht

sahen
im Stockdunklen
Ankommen
sahen das Ziel
im Heute
der geschlossenen Augen
und das Glück uns
warm und tief
und licht

wenn ich ich
nur noch einmal
sehen könnte
sehen
sehen

Wandere ich auf Deiner Wange hinauf

Ziel
fernes Schild
Stadtbeginn Dorfeingang
Kneipe Arena Olymp
Himmel
Ufer wäre Glück
sehr langsam
wandere ich
deine Wange hinauf
nehm Abschied vom Kinn
vielleicht könnte es
schnelle leichte Strecke sein
für mich aber
reißt kleinste Bewegung
von Anstieg Aufstieg
Türen auf in mir
ins Verlieren
dessen was ich fasse
was ich denke was ich sei
ich durchschreite
Wüsten langer Zeiten
Wälder voller Wunder
will vertrauen

an der Schärfe
eines leisen Zuges
der am Rande deiner Lippen
mir Schluchten auf wirft
stürz ich jetzt
in ihre Schatten
Messer das Wunden
freilegt
Ballast trage ich
werfe ich ab
das Immer-doch-wollen
Hoffen erblüht
kurz wie ein Sonnenstrahl
über dem weichen Hügel
deiner rötlichen Wange
die Angst
den Raum zu zu lassen
folgt mich erfassend
ich fliehe voller Schrecken
würde ich würde ich
und wenn wenn
und dann
könnte ich
und überhaupt
wenn dann
erkannt
Entsetzen Ablehnung Weigerung
oder Wollen Zuneigung Bejahung
was dann
werd ich kann ich will ich
wohin
auf den Steg
deines Unterlides
zu spät erkannt
im Kippen
nach vorne nach weiter
die erste Tiefe
saftiger Farbe
diamantenen Lichtes
deiner Iris
Wiese Weide
paradiesisches Meer
durchfluten mich
erkannte Ebenen
bis an den Krater
die gepresste Fülle
das schwarze Loch
verschlingt
zieht energetisch hinein
Tränen und Licht
Außen und Innen
da schaut ich den Bogen
fühle Kommen und Gehen
gleichzeitig als Eines
bin gefangen
einfach schliessen
die Möglichkeit töten
nicht springen
und das Lid
das sinken hätte können
in aller Eile zu spät
man muß nicht
aber man muß
selber tragen
sich sein und sein Tun
entscheiden
Farben funkeln
der Blitz trifft
schleudert
in zwei Mitten
Aug in Aug
Glück

Aug in Aug lieben

Aug in Aug
lerne ich
sehen
erfahre ich
sehen
bin ich
gesehen
sehe ich
Dich
sehend
empfinde ich
lieben
Liebe ist
ich bin
du bist
Glück

Aug in Aug
sehen
schauen
lieben
Raum füllen
Raum geben
Fenster öffnen
nach innen
nach außen
Türen freigeben
einander
erkennend
in Eines fallen
heil und warm
von vielfältiger
Farbenpracht
glücklich sein

Aug in Aug
empfinde ich
Liebe
liebe ich

und Glück ist

Planet

Die Augen

Augen
Iris rund farbig
wie die Erde
unser Planet
du kommst
in meine Zeit
in meinen Raum
siehst mich an
ich seh` dich an
es sieht aus uns
es sieht in uns
dunkel verdichteter
Kreis in deiner Mitte
Alles ist in Allem
in Allem ist Alles
unendlich in der Fülle
jeglicher Dimensionen
das Klein im Großen
das Große im Kleinen
weit weit und weiter
freier bewegter Raum
endloser Richtungen
Punkte am Firmament
Ziel und Orientierung

welch großes Glück
sich Aug in Aug
begegnen
in deinen Augen
in meinen Augen
unser Planet
glaub ich, fühl ich
hoff ich, leb ich
lieb ich
dich
du
erkennend sehen
erkannt sein
in dir
Glück